Hohe Mieten machen vor sozialen und gesundheitlichen Einrichtungen keinen Halt. Betroffen sind ebenso Kultureinrichtungen und lokale Buchläden. Als Gewerbemieter*innen sind sie vielerorts mit dem fehlenden Gewerbemietschutz konfrontiert, der sie vor Verdrängung schützt. Die Einführung eines umfassenden Schutzes von Gewerbemietverhältnissen ist dringend geboten, um die Grundlagen der Sozialen Arbeit zu sichern und darüber hinaus Infrastrukturen zu erhalten, die eine wohnortnahe Versorgung mit Gütern der Daseinsvorsorge und des täglichen Lebens sicherstellen.

Der Schutz von Gewerbemieter*innen kennt keine dem Wohnraummietrecht vergleichbaren gesetzlich garantierten Schutzrechte. Von diesem mangelnden Gewerbemietschutz sind soziale Einrichtungen betroffen, wenn sie wegen zu hoher Gewerbemieten oder eines fehlenden Kündigungsschutzes ihre Räumlichkeiten vor Ort aufgeben und umziehen müssen.

Der Gesetzgeber geht davon aus, dass sich Gewerbemieter*innen und -vermieter*innen gleichberechtigt auf Augenhöhe gegenüberstehen. Vertragslaufzeiten, Miethöhen und Kündigungsfristen u.a. müssen frei vereinbart werden. Dass Gewerbemieter*innen und -vermieter*innen auf gleicher Basis verhandeln, ist jedoch insbesondere in Gebieten mit angespannten Gewerbemietmärkten fraglich.

Der Anstieg von Gewerbemieten unterstreicht den Handlungsbedarf, einen Schutz für Gewerbemieter*innen zu schaffen: von 2009 bis 2018 kommt es zur Steigerung der Gewerbemieten in Erfurt um 216,7%, in Chemnitz um 100%, in Bonn um 191,7%. Dies geht aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage an die Bundestagsfraktion Bündnis 90 / Die Grünen hervor. Die Folgen der Corona-Pandemie belasten Gewerbemieter*innen zusätzlich.

Zwar wurde für bestimmte Gewerbemietverhältnisse von sozialen Trägern mit dem sog. Mietrechtsanpassungsgesetz ein begrüßenswerter Gewerbemietschutz eingeführt. Allerdings fehlt es weiterhin an einem umfassenden Gewerbemietschutz.

Dies geht zu Lasten von sozialen und gesundheitlichen Einrichtungen, wie bspw. Beratungsstellen oder Jugend-und Seniorentreffs, die hohe Gewerbemieten nicht refinanziert bekommen und von Verdrängung bedroht sind.

Ein mangelnder Schutz von Gewerbemieter*innen wirkt sich zudem auf die wohnort-nahe Versorgung mit Gütern des täglichen Lebens und der Daseinsvorsorge aus. Aus diesem Grund sind auch inhaber*innengeführte Lebensmittelgeschäfte und Handwerksbetriebe, Kultur-und Kunsteinrichtungen, lokale Gastronomiebetriebe u.a. vor Verdrängung zu bewahren. Viele Menschen – junge Familien, Kinder, Menschen mit Beeinträchtigungen, älter werdende Menschen u.a. – sind zudem auf kurze Wege angewiesen.

Um einen Schutz für Gewerbemieter*innen zu schaffen, sind folgende Maßnahmen nötig:

Ausweitung städtebaulicher Instrumente

Gemeinden können sog. Milieuschutzgebiete festlegen (§ 172 BauGB), in denen bauliche Änderungen, Nutzungsänderungen u.a. genehmigungspflichtig sind. Milieuschutzgebiete werden ausgewiesen, um u.a. die Zusammensetzung der Wohnbevölkerung zu erhalten oder die städtebauliche Eigenart des Gebietes zu bewahren.

Es sollte geprüft werden, ob der Milieuschutz auch auf bestimmte Gewerbestrukturen ausgeweitet werden kann, um soziale Einrichtungen, örtliche Lebensmittelläden, Buchläden etc. und die dadurch gewährleisteten grundlegenden Versorgungsstrukturen erhalten zu können.

Verlängerungsanspruch bei befristeten Mietverhältnissen schaffen

In der Praxis kommt es vielerorts zum Abschluss sehr kurzer Gewerbemietverhältnisse, teilweise nur 3 Monate. Nach Ablauf der Mietzeit bekommen einige soziale Einrichtungen bzw. Gewerbemieter*innen das Mietverhältnis erneut zu einem wesentlich höheren Mietzins angeboten, was jedoch nicht leistbar ist und für soziale Einrichtungen nicht refinanziert bekommen.

Ihnen sollte deshalb ein Rechtsanspruch gegenüber dem*der Vermieter*in zukommen, den befristeten Mietvertrag über das Gewerbemietverhältnis längerfristig zu verlängern. Sachlich zu rechtfertigende Gründe als Ausnahme von einem Verlängerungsanspruch sind konkret zu regeln.

Kündigungsschutz stärken

Für soziale Träger und andere Gewerbemieter*innen kann es sich als riskant erweisen, einen Mietvertrag auf unbestimmte Zeit abzuschließen. Ist vertraglich nichts Anderes geregelt, kann mit einer Frist von 6 Monaten gekündigt werden. Anders als im Wohnraummietrecht benötigt der Vermieter für diese Kündigung jedoch keinen Grund.

Um den Gewerbemieter*innen mehr Planungsicherheit zu geben, sind die Kündigungen ohne Vorliegen eines besonderen Kündigungsgrundes abzuschaffen. Kündigungen durch den*die Vermieter*in sollten nur dann zulässig sein, wenn ein berechtigtes Interesse wie bspw. Zahlungsrückstand vorliegt.

Gewerbemietspiegel schaffen

Für den Bereich des Wohnraums sind Mietspiegel ein zentraler Orientierungsrahmen, die über zulässige Miethöhen Auskunft geben, die ortsübliche Vergleichsmiete darstellen und gesetzlich geregelt sind. Gewerbemietspiegel hingegen sind weder gesetzlich geregelt, noch sind die Angaben in ihnen verbindlich.

Zwar gestaltet sich die Erstellung von Gewerbemietspiegeln zur verbindlichen Abbildung der ortsüblichen Vergleichsmiete schwieriger als wie im Wohnraummietrecht, da es u.a. keine objektiv vergleichbaren Ausstattungen gibt. Es sollten dennoch Möglichkeiten geprüft werden, wie ein Instrument zur Feststellung der ortsüblichen Vergleichsmiete rechtssicher und verbindlich in den Kommunen erstellt und anerkannt werden kann.

Miethöhe im Gewerbemietrecht begrenzen

Anders als bei Wohnraummieten liegen bei Gewerbemieten keine gesetzlichen Grenzen der Miethöhe zu Grunde. Ausschlaggebend ist die Vereinbarung zwischen den Parteien. Horrende Gewerbemietanstiege zeigen jedoch, dass beide Parteien nicht auf gleicher Ebene verhandeln. Deshalb sind Mietpreisbegrenzungen zu schaffen, die die Miethöhen in bestehenden und bei neu abgeschlossenen Gewerbemietverhältnissen effektiv eingrenzen.

Sollte es zur Eindämmung von Gewerbemietpreisen und trotz der Schwierigkeiten einer Übertragung ermöglicht werden, an das o.g. Vergleichsmietensystem für die Wohnraummieten anzuknüpfen, ist zu beachten, dass diese Regelungen teils zu reformieren sind, um Mieten wirkungsvoller einzudämmen. Dies meint u.a. eine Reform der Mietpreisbremse, sollte diese als Ansatzpunkt für eine Gewerbemietpreisbremse gewählt werden. 

Autor*in

Portrait von Jennifer Puls

Jennifer Puls

Jennifer Puls ist Referentin für fachpolitische Grundsatzfragen beim Paritätischen Gesamtverband.

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