Seit sieben Jahren betreibt die Deutsche Stiftung für junge Erwachsene mit Krebs die Online-Beratungsplattform JUNGES KREBSPORTAL. Die jungen Betroffenen finden hier Antworten auf ihre Fragen und können sich von Fachexpert*innen sowie anderen jungen Betroffenen in Tandems beraten lassen. Und das über Online-Chat im Web oder in der App, am Telefon oder im persönlichen Gespräch. Felix Pawlowski, Projektleiter für den Portalausbau, gab beim Digi-Dienstag Einblicke in die Projektentwicklung.

3 Prozent der deutschlandweiten Krebsneuerkrankungen fallen auf junge Erwachsene zwischen 18 und 39 Jahren. Viele der jungen Betroffenen befinden sich mitten in der Ausbildung oder im Studium, haben noch keine finanziellen Rücklagen und thematisieren Kinderwunsch und Familienplanung für sich. Über 80 Prozent dieser Betroffenen können zudem geheilt werden, was auch die Wiedereingliederung nach der Krankheit zu einem Schwerpunktthema macht. Mit ihrem medizinischen und psychosozialen Bedarf entsprechen die Betroffenen in vielerlei Hinsicht weder dem typischen Patientenprofil der Erwachsenen-Onkologie noch dem der Kinderonkologie und finden seltener die Betreuung, die sie benötigen.

Die Deutsche Stiftung für junge Erwachsene mit Krebs wollte diese Versorgungslücke durch die Förderung von Wissenschaft, Forschung und des öffentlichen Gesundheitswesens sowie mit spezifischen Angeboten für junge Menschen schließen.

“All unsere Projekte entstehen in enger Zusammenarbeit mit den Betroffenen. Wir begegnen uns auf Augenhöhe und pflegen einen vertrauensvollen Umgang miteinander. Wir wollen gemeinsam etwas bewegen und lassen die jungen Erwachsenen mit der Diagnose nicht allein.” (Deutsche Stiftung für junge Erwachsene mit Krebs)

Beratung auf schnellem Wege - das JUNGE KREBSPORTAL

In einer Befragung von Betroffenen nach ihren Bedürfnissen und Herausforderungen wurde der Bedarf nach einer niedrigschwelligen sowie orts- und zeitunabhängigen Beratung deutlich. Natürlich bekommen die jungen Personen ärztliche Beratung, aber diese stellt sich in Anbetracht der vielen aufkommenden Fragen und Unsicherheiten oft als zeitintensiv und unflexibel heraus.

Mit diesem Wissen initiierte die Stiftung 2015 die Beratungsplattform JUNGES KREBSPORTAL, auf dem wichtige Informationen und Hilfsangebote gebündelt werden. Die Webseite umfasst fünf Schwerpunktbereiche, die Informationen und Beratungsangebote rund um das Leben mit der Diagnose Krebs enthalten. Der Bereich “Erste Hilfe” enthält Tipps und Erfahrungen von Betroffenen für junge Betroffene unmittelbar nach der Diagnose. Unter “Wissen für dich” werden alle Informationsangebote rund um sozialrechtliche Fragen und die Lebensgestaltung mit der Krankheit gesammelt und stetig ergänzt. Begonnen hat das Team allerdings mit einer onlinebasierten Einzelberatung und erst später folgte die umfassende Homepage mit den Hintergrundinformationen zur Selbstrecherche. Die angebotenen Online-Sprechstunden werden im Livestream auf YouTube und zu einem spezifischen Themenbereich angeboten, wobei Fragen live im Chat, über WhatsApp oder auch zuvor per E-Mail eingereicht werden können. Für eine tiefgreifende Beschäftigung mit Themen bietet die Stiftung zudem Webinare zu gefragten Themenschwerpunkten an, die mit einem Vortrag beginnen und einer anonymen Fragerunde enden. 

Das Angebot einer individuellen 1:1-Betreuung stellt mit über 1.600 registrierte Nutzer*innen den größten Bereich des Portals dar. Hierbei handelt es sich um eine onlinebasierte Einzelberatung durch Expert*innen zu Themen des Sozialrechts, wie Reha, Job und Wiedereingliederung sowie Immundefekten, Veränderungen des Hormonhaushaltes und integrativer Krebsmedizin. Die Themenbereiche werden stetig dem Bedarf der Nutzer*innen entsprechend erweitert.

Und so funktioniert’s: Die jungen Krebspatient*innen registrieren sich auf der Plattform und geben dort erste Informationen ein, die bei der späteren Zuweisung eines Beratenden helfen können. Angegeben werden können z.B. bestehenden und abgeschlossen Therapien oder Themenschwerpunkten, die von Interesse sind. Anschließend stellen sie ihre individuelle Anfrage, zu der sie auch Dokumente, wie Arztbriefe hochladen können. Die eingegangene Anfrage geht bei dem Team um Felix ein, das dem/der Nutzer*in nun eine spezialisierte, medizinische Fachperson zuweist. Die Berater*innen erhalten die Anfragen ebenfalls über das Portal und haben eine Woche Zeit, um zu antworten. In der Regel müssen die Betroffenen aber nur zwei Tage auf die Antwort warten. Felix sagt, seit es die App gibt, werden Fragen und auch Anworten noch schneller versendet. Die Betroffenen erhalten ihre Beratung über Online-Chat, in einem Telefonat oder auch im persönlichen Gespräch.

Das Expert*innen-Netzwerk besteht aus medizinischem Fachpersonal, das im Sozialrecht fortgebildet ist. Mittlerweile decken die fachlichen Berater*innen alle Erkrankungsarten ab. Es wird jedoch nicht diagnosespezifisch, sondern mehr hinsichtlich der Lebensgestaltung beraten, da die Stiftung nicht den Anspruch verfolgen darf, eine ärztliche Beratung zu ersetzen. Zusätzlich zu dem Beratungsangebot für junge Patient*innen bietet das Onlineportal auch Fachkräften, wie beispielsweise Ärzt*innen, Pflegepersonal oder Sozialarbeiter*innen, die Möglichkeit, mit den Berater*innen zu fallspezifischen und allgemeingültigen Fragestellungen in den Austausch zu gehen. 

Das Portal als App

Als Felix’ Team bemerkte, dass ⅔ der Nutzer*innen das Portal sowie die Webseite über mobile Endgeräte abrufen, fasste es den Entschluss, das Webportal um eine App mit den gleichen Funktionen zu ergänzen. Die meist sehr internetaffine, junge Zielgruppe nutzt das Angebot rege, pro Tag verzeichnet die Stiftung mittlerweile 1-2 Registrierungen.

Begleitung durch Betroffene

Schon in der Erstbefragung vor der Portalentwicklung zeigte sich das große Engagement der Betroffenen, anderen Betroffenen zu helfen, um sie auf mögliche Herausforderungen vorzubereiten. Daraus entstand eine “Tandem-Beratung“, bei der sich Betroffene von anderen jungen Betroffenen durch ihre Krebserkrankung begleiten lassen können. Auch hier geschieht die Zuweisung über das Team von Felix. Die Tandem-Partner*innen unterstützen Betroffene mit ähnlichen Diagnosen anhand ihrer eigenen persönlichen Erfahrungen mit einer Krebserkrankung und helfen mit guten Ratschlägen durch diese herausfordernde Zeit. Die Tandempartner werden vor ihrem Einsatz von der Stiftung entsprechend geschult und währenddessen betreut.


Jeder dritte Dienstag ist Digi-Dienstag!

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Autor*in

Portrait von Lilly Oesterreich

Lilly Oesterreich

Lilly Oesterreich ist Projektreferentin für Digitale Kommunikation beim Paritätischen Wohlfahrtsverband Gesamtverband in Berlin. Sie betreut die Paritätische Mitgliederplattform #WirSindParität.

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