Durch die verstärkte Nutzung von Homeoffice, reduzierte Autofahrten und abgesagte Dienstreisen konnten während der Corona-Pandemie jährlich bis zu 3,7 Millionen Tonnen Treibhausgase eingespart werden. Doch was bedeuten der globale Digitalisierungsschub und der Trend zu einem digitalen Lebensstil für das Klima und unseren CO2-Fußabdruck?

Je nachdem aus welcher Berufswelt Sie kommen, Sie haben es wahrscheinlich gemerkt: Die Corona-Pandemie hat die Arbeitswelt grundlegend verändert. Aufgrund der Notwendigkeit, ihre Kontakte zu reduzieren, haben bis zu 70 Prozent der Arbeitnehmer*innen ganz oder teilweise im Homeoffice gearbeitet. (vgl. Corona Datenplattform 2021) Und auch die Zahl der Dienstreisen reduzierte sich zeitweise um bis zu 90 Prozent (vgl. GBTA 2020).

Eine Studie des Öko-Instituts hat die ökologischen und sozialen Auswirkungen mobilen Arbeitens in der Pandemie ausgewertet. Sie sind dabei zu dem Schluss gekommen, dass durch mehr Homeoffice bis zu 3,7 Millionen Tonnen Treibhausgase pro Jahr eingespart werden können.

Der motorisierte Individualverkehr (MIV) ist mit einem Anteil von 75 Prozent das dominierende Verkehrsmittel auf Wegen von und zur Arbeit ist. Der Großteil der mit dem MIV (Pkw oder auch Motorräder) zurückgelegten Personenkilometer wird dabei alleine zurückgelegt (72 Prozent) – durch die geringe Besetzung der Pkw sind die durchschnittlich ausgestoßenen Emissionen dementsprechend besonders hoch.

So werden pro gefahrener Kilometer im Auto 202 Gramm CO2-Äquivalente (CO2e) emittiert, im Bus sind es 83 Gramm CO2e und in der Straßen- oder U-Bahn 54 Gramm CO2e. Diese verkehrsbedingten Emissionen haben die Wissenschaftler*innen des Öko-Instituts den Emissionen durch Ausstattung und Betrieb von Laptops und Co. zu Hause gegenübergestellt. Dabei zeigt sich, dass je nach Ausstattung des Arbeitsplatzes die CO2-Bilanz unterschiedlich ausfällt. Kann ein Firmenlaptop genutzt werden, so sind die CO₂-Emissionen mit 18 Kilogramm pro Jahr gering. Wird der Heimarbeitsplatz jedoch komplett neu ausgestattet und zudem zusätzlich zum Büroplatz beleuchtet und beheizt, steigen die CO₂-Emissionen auf 307 Kilogramm pro Jahr an.

Das Öko-Institut schlussfolgert, dass man bei der Entscheidung, wann aus ökologischen Gründen der Heimarbeitsplatz dem Pendeln ins Büro vorzuziehen ist, sowohl die Verkehrsmittelwahl und die Länge der Arbeitsstrecke berücksichtigt werden müssen als auch die gewählte beziehungsweise seitens des Arbeitsgebers zur Verfügung gestellte Ausstattung des Homeoffice-Platzes.

Kann der Firmenlaptop genutzt werden und ist nur die Anschaffung eines zusätzlichen Monitors notwendig, sei das Arbeiten im Homeoffice bezüglich der CO₂-Emissionseinsparungen demnach im Vorteil. Wird der Homeoffice-Platz nur zeitweise (zu 50 Prozent) genutzt und es muss zudem eine komplett neue Hardware für den Heimarbeitsplatz angeschafft und zusätzlich betrieben werden, lohnt sich das Arbeiten von zu Hause aus Sicht einer Emissionseinsparung erst ab einem einfachen Pendelweg von mehr als 6 Kilometern mit dem Pkw beziehungsweise 18 Kilometern mit dem ÖPNV.

Im Durchschnitt beträgt die einfache Pendeldistanz von Arbeitnehmer*innen in Deutschland jedoch rund 15 Kilometer. Demnach sei für einen Großteil der Arbeitnehmer*innen, unabhängig von der Verkehrsmittelwahl und der Ausstattung, das Homeoffice dem Arbeiten im Büro vorzuziehen.

Home-Office wird im klimapolitischen Kontext daher gerne als Paradebeispiel des Klimaschutzpotenzials durch Digitalisierung genannt (vgl. Clausen und Schramm 2021). Doch müssen wir auch im Blick behalten, welche Arbeit im Home-Office genau verrichtet wird und mit welchen digitalen Mitteln.

Videokonferenz oder physisches Treffen - Was ist klimafreundlicher?

Das Umweltbundesamtes (UBA) hat in Kooperation mit dem Fraunhofer Institut für Zuverlässigkeit und dem Öko-Institut eine Datenerhebung zu den Umweltwirkungen des Cloud Computing durchgeführt. In der Studie „Green Cloud Computing“, die im Vergleich zu anderen Studien nicht auf Modellen, sondern auf realen Daten aus vier Rechenzentren basiert, wird u.a. überprüft, inwieweit Videokonferenzen tatsächlich zur Emissionsminderung beitragen können.

Untersucht werden die Treibhausgasemissionen (GWP), die im Rechenzentrum entstehen (z.B. bei der Herstellung der Server, dem Energieverbrauch im Rechenzentrum und in der Nutzungsphase) und die Übertragung der Daten in Telekommunikationsnetzwerken und die Nutzung von Endgeräten beim jeweiligen Teilnehmenden. Dadurch ergeben sich die Treibhausgasemissionen für die Teilnahme einer Person an einer Videokonferenz über den Zeitraum einer Stunde. Diese betragen demnach 2,27 Gramm CO2-Äquivalente.

Doch nicht nur die Rechenzentren haben Einfluss auf den CO2-Fußabdruck, auch die IT, die bei den Nutzer*innen installiert ist, wie Router und Anzeigegeräte, ist von Bedeutung. Nimmt man mit dem Notebook an einer einstündigen Videokonferenz teil, verursacht das Treibhausgasemissionen von 55 g CO₂(eq), also etwa so viel wie eine Pkw-Fahrt von 260 Metern. Dabei entfallen nur 4 Prozent der THG-Eimissionen auf das Rechenzentrum, aber 82 Prozent auf das Notebook und 13 Prozent auf den Router.

Anhand der Zahlen zu den THG-Emissionen für die Teilnahme an einer Videokonferenz wurde in einem nächsten Schritt überprüft, inwieweit Videokonferenzen tatsächlich zur Emissionsminderung beitragen können. Diese Teiluntersuchung ist sehr verkürzt, da sie nur die Treibhausgasemissionen der verwendeten IT-Geräte mit den CO2-Emissionen aus den Verkehrsmitteln vergleicht. Eine umfassende Untersuchung müsste dagegen auch die Energieverbräuche der jeweiligen Arbeitsorte (z.B. Heizenergie, Beleuchtung), das veränderte Konsumverhalten (z.B. Küche, Kantine, Bekleidung), die Rebound-Effekte (z.B. zusätzliche Meetings, doppelte Büroausstattung) und ggf. noch weitere Faktoren berücksichtigen.

Zur Berechnung der THG-Emissionen im Personenverkehr wurden die Durchschnittszahlen vom Umweltbundesamt für verschiedene Verkehrsmittel im Personenverkehr in Deutschland im Jahr 2019 herangezogen und die THG-Emissionen der Videokonferenz mit denen der Verkehrsmittel ins Verhältnis gesetzt. So erhält man die Distanz, die theoretisch zurückgelegt werden könnte, wenn statt der Videokonferenz ein Verkehrsmittel genutzt würde. Sind die Treibhausgasemissionen zur Hin- und Rückfahrt zu einem physischen Treffen, beispielsweise im Büro, in der Schule oder in der Universität geringer als die zur Teilnahme an einer Videokonferenz, so ist das physische Treffen klimafreundlicher.

Wird ein Laptop zur Anzeige einer Videokonferenz genutzt, so können pro Stunde Videokonferenz alternativ zwischen 0,26 Personenkilometer mit dem Pkw und 1,01 Personenkilometer mit dem Fernzug zurückgelegt werden. Höhere Distanzen ergibt der Vergleich bei einem großen Videomonitor mit 1,38 Personenkilometern mit dem Pkw und maximal 5,37 Personenkilometer mit dem Fernzug.

Unterstellt man eine Anreise mit den schienengebundenen Nahverkehrsmitteln Straßen-, S- und U-Bahn oder Nahverkehrszug, dann muss der Begegnungsort bei einer alternativen Teilnahme mit dem Laptop mehr als 0,69 Kilometer entfernt sein, damit die Videokonferenz klimafreundlicher gegenüber dem physischen Treffen ist. Bei einer Teilnahme mit dem Desktop-PC muss der Begegnungsort mehr als 1,12 Kilometer entfernt liegen und beim großen Videomonitor mehr als 3,69 Kilometer, damit die Videokonferenz Vorteile hat.

Grundsätzlich kann gesagt werden, dass die Teilnahme an einem physischen Treffen, wenn es über emissionsfreie Verkehrsmittel wie dem Fahrrad oder zu Fuß erreicht werden kann, immer klimafreundlicher ist als die Videokonferenz. Findet eine Anreise zu einem Treffen mit der klimaschädlichsten Variante Pkw statt, so ist die Videokonferenz bereits ab einer Entfernung von 1,38 Kilometern die klimafreundlichere Alternative. Selbst wenn ein großer Videomonitor verwendet wird, der unter den Anzeigegeräte die höchsten THG-Emissionen aufweist.

Zusammenfassend kann daher festgestellt werden, dass eine Videokonferenz unter Klimaschutzgesichtspunkten immer dann eine gute Alternative zu einem physischen Treffen ist, wenn eine Anreise nicht per Fuß oder Fahrrad erfolgen kann. Wenn Videokonferenzen tatsächlich motorisierte Verkehrsleistung ersetzen, dann leisten sie einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz.

Die Digitalisierung ist Klimafreund und -feind zugleich. Sie kann digitale Innovationen zum Klimaschutz vorantreiben, wie z.B. dem Ausbau erneuerbarer Energien oder der Verbesserung des öffentlichen Nahverkehrs. Es gibt unzählige Apps, die über Umweltschutz informieren und beim Thema Nachhaltigkeit unterstützen und beraten. Sie ermöglicht öffentlichkeitswirksam zum Klimaschutz zu informieren und zu motivieren.

Der CO2-Fußabdruck unseres digitalen Lebens © Ökoinstitut e.V.

Unser digitaler Lebensstil ist in der vorliegenden Form nicht zukunftsfähig

„Unser digitaler Lebensstil ist in der vorliegenden Form nicht zukunftsfähig“, sagt Jens Gröger (Senior Researcher und Experte für nachhaltigen Konsum und Produkte beim Öko-Institut). Die Herstellung und Nutzung von Endgeräten, die Übertragung von Daten über das Internet sowie die Nutzung von Rechenzentren verursachen laut dem Öko-Institut pro Jahr einen CO2-Fußabdruck pro Person von insgesamt 850 Kilogramm. Dies ist bereits knapp die Hälfte des uns pro Person zur Verfügung stehenden CO2-Budgets, wenn der Klimawandel in noch erträglichen Grenzen gehalten werden soll. Nimmt man noch weitere Treibhausgasemissionen hinzu, die durch die Nutzung von weltweit verteilten Webseiten, Musik- und Videostreaming-Diensten, sozialen Netzwerken, vernetzten Haushaltsgeräten, Videoüberwachung, Big-Data-Analysen und so weiter entstehen, so summiert sich der individuelle CO2-Fußabdruck durch Informationstechnik leicht auf 1 Tonne pro Jahr oder mehr.

Es bedarf riesiger Anstrengungen bei der Herstellung der Endgeräte, in den Datennetzwerken und den Rechenzentren und auch im Konsumverhalten der Verbraucher*innen, um die Treibhausgasemissionen zu senken.

Nur so kann die Digitalisierung nachhaltig gestaltet werden.

Checkliste: So verringern wir unseren digitalen Fußabdruck

Gespräche & Treffen
  • Vorher abwägen: Telefonat, Videokonferenz oder Präsenztreffen
  • Videokonferenz: Kamera nach Möglichkeit aus, Endgeräte mit geringstem Stromverbrauch nutzen, möglichst mit WLAN nicht mobilem Datennetz
  • Sprachanrufe statt Videoanrufe
  • Anzahl der Videokonferenzen begrenzen

 

Geräte
  • Langlebige Geräte kaufen
  • Kleine Geräte kaufen z.B. Laptop statt Desktop-Computer
  • Reparieren, statt neu kaufen
  • Gebrauchte Geräte kaufen
  • Nicht immer das neuste Gerät kaufen, wenn das alte Gerät noch gut ist.
  • Auf Energieeffizienz und Nachhaltigkeitssiegel achten
  • Geräte sparsam nutzen und sich auf ein Gerät konzentrieren. Möglichst keine Geräte parallel laufen lassen.
  • Geräte ausschalten, wenn sie nicht genutzt werden, Energiesparen ist nur Standby.
  • Energie-Einstellungen der Geräte (Bildschirmhelligkeit, Inaktivität etc.) anpassen
  • Netzteile der Geräte aus Steckdose trennen
  • Beim Hochfahren des Computers nur die Anwendungen starten, die auch gebraucht werden
  • Internet-Router und Repeater zwischendurch (z.B. nachts) abschalten -> Zeitschaltuhr

 

Bewusstsein
  • Ausstattung Home-Office-Plätze und Auslastung Büroarbeitsplätze im Blick behalten → kein Parallelbetrieb
  • Bewusst streamen: Autoplay-Funktion deaktivieren, nur Inhalte anschauen, die wirklich interessieren.
  • Videos, Musik, Hörbücher die häufiger abgespielt werden downloaden, damit sie nicht immer wieder neu geladen werden müssen.
  • Bei Videos Auflösung niedriger einstellen
  • Digitaler Minimalismus: Postfach aufräumen, E-Mails löschen, Dateien aus der Cloud löschen und ggf. auf eine externe Festplatte umziehen.
  • Verschicken großer Datenmengen (Anhänge, Signaturen mit Bild) vermeiden
  • Zu Ökostrom wechseln
  • Auf Grünes Webhosting, Grüne Suchmaschinen, Grüne E-Mail-Anbieter umsteigen

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Autor*in

Portrait von Janina Yeung

Janina Yeung

Janina Yeung ist Referentin im Projekt "Klimaschutz in der Sozialen Arbeit stärken" des Paritätischen Gesamtverbandes.

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