Am 14. Januar 2024 demonstrierten 25000 Menschen gegen die Hetze von AfD und Co. Kurzfristig aufgerufen haben zahlreiche Sozial-, Umwelt- und antifaschistische Organisationen sowie Parteigliederungen. Ulrich Schneider sprach bei der Kundgebung für den Paritätischen und machte deutlich, warum für uns als Wohlfahrtsverband der Schutz von Minderheiten vor den Menschenfeinden besonders wichtig ist. Die Rede im Wortlaut.

Es gilt das gesprochene Wort!

Liebe Freundinnen, liebe Freunde, liebe Mitstreiterinnen und Mitstreiter,

der Paritätische ist hier als Wohlfahrtsverband. Was macht er hier als Wohlfahrtsverband? Er ist hier, weil viele unserer Mitglieder, viele unserer Mitgliedsorganisationen betroffen sind. Menschen, die sich um Flüchtlinge kümmern, behinderte Menschen, viele arme Menschen, Menschen anderer Hautfarbe, Menschen aus der queeren Szene, alle bei uns Mitglied im Paritätischen sind, die einfach Angst haben. Und wir hätten nie geglaubt, dass es nach einigen Jahrzehnten, nach dieser fürchterlichen Zeit in Deutschland wieder möglich ist, dass Menschen hier auf der Straße Angst haben müssen, weil sie anders sind. Und wir wissen, was wir als Wohlfahrtsverband zu tun haben. Hier müssen wir klare Kante zeigen.

Wir sind Luise Neubauer, Fridays for Future und all denen, die das hier so spontan auf die Beine gestellt haben, unendlich dankbar. Es ist uns ein Bedürfnis, ein Zeichen zu setzen. Lasst es uns tun!

Wir hätten niemals gedacht, dass es nach einigen Jahrzehnten wieder so weit ist in Deutschland und dass Menschen nach ihrer Menschenwürde aufgeteilt werden, wonach der eine mehr hat, der andere weniger, der Biodeutsche ganz viel und der, der zu uns kommt, hat keine Würde. Das kann nicht sein, aber wir sind wieder so weit. Deswegen kämpfen wir. Denn wir wissen, dass die Gleichwürdigkeit aller Menschen muss Konsens sein in diesem Land. Die Gleichwürdigkeit aller Menschen ist die Grundlage unserer Demokratie und wer diese Gleichwürdigkeit in Abrede stellt, der bekämpft unsere Demokratie. Deshalb sind wir hier.

Wir haben alle vor diesem schrecklichen Treffen in Potsdam gelesen, das da aufgedeckt wurde. Mitglieder der AfD, eine Partei, die in Landtagen und im Deutschen Bundestag sitzt, haben zusammen mit anderen Rechtsradikalen und Rassisten ihre billigen, schmutzig-ekligen Phantasien von Deportation ausgelebt. Spätestens jetzt ist es Zeit, dass wir auf die Straße gehen und ein klares Zeichen setzen, was wir heute tun.

Nur man mag es mir verzeihen: ich kann mir gar nicht so richtig vorstellen, dass es das erste Treffen dieser Runde war und dass es das letzte Treffen sein wird. Es ist brandgefährlich.

Wir haben es in Deutschland mit brandgefährlichen Netzwerken von Rassisten und von Rechtsradikalen zu tun und wir haben es in der Vergangenheit offensichtlich viel zu wenig ernst genommen, was Reichsbürger anstellen oder was AfD-Funktionäre von sich gaben.

Und deswegen wird höchste Zeit, dass wir so wie heute aufwachen und auf die Straße gehen. Und das betrifft nicht nur die AfD. Wir wenden uns gegen jegliche Hetze, gegen jegliche Spaltungsversuche in dieser Gesellschaft. Sei es die Spaltung zwischen Deutschen und Nichtdeutschen, zwischen Homos und Heteros, zwischen Behinderten und nicht Behinderten und zwischen Menschen, die hier aufgewachsen sind und Menschen, die zu uns geflohen sind. Wir sind alle Menschen mit der gleichen Würde. Wir gehören zusammen, wir gehören zu diesem Deutschland.

Aus ganz aktuellem Anlass und weil es mir unheimlich am Herzen liegt, möchte ich auch dem ehemaligen Gesundheitsminister Jens Spahn sagen, der sich gestern wieder geäußert hat: auch Menschen, die die Jobcenter nicht vermittelt bekommen, auch Menschen, die ohne Arbeit sind, auch Menschen, die von mir aus jahrelang in Hartz IV sind, haben Menschenwürde und können nicht abgestraft werden.

Der Kampf gegen die Hetze betrifft nicht nur die AfD. Man bekämpft die AfD nicht, indem man ihre Inhalte übernimmt. Und deswegen sagen wir auch ganz klar auch an alle Altparteien, im Deutschen Bundestag und auch an alle vielleicht ganz brandneuen Parteien: Alle Menschen sind gleich. Und deswegen wenden wir uns ganz bewusst auch gegen eine Festung Europa. Wir wenden uns dagegen, dass Menschen in haftähnlichen Bedingungen an Europas Grenzen eingesperrt werden, wenn sie zu uns fliehen. Wir wenden uns gegen jegliche Kriminalisierung der Seenotrettung. Wir wenden uns dagegen, dass hier Abschreckungsversuche laufen gegenüber Menschen, die aus bitterer Not flüchten müssen. Und das betrifft nicht nur die AfD. Wir sagen Stopp jeglicher Hetze! Besinnt euch. Wir laden auch gerne alle Parteien ein, hier sich uns anzuschließen. Ich würde mich freuen wenn wir nächstes mal ganz viele Fahnen haben auch von anderen. Ich weiß, einige hier sind aus dem Bundestag aus dem Berliner Landtag. Das ist gut so und das ist prima so. Jetzt noch mehr Ruck geben, kommen und ich denke, dann kriegen wir es auch gewuppt. Danke.

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Portrait von Dr. Ulrich Schneider

Dr. Ulrich Schneider

Dr. Ulrich Schneider ist Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbandes mit Sitz in Berlin.

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