Harald Löhlein, Leiter der Abteilung Migration und Internationale Kooperation beim Paritätischen Gesamtverband, über gewerbliche und gemeinnützige Anbieter in der Flüchtlingsunterkunft.

Die Bilder sind noch gut in Erinnerung, als 2016 die Zahl der Asylsuchenden in Deutschland stark anstieg und es zunächst enorme Probleme gab, die Schutzsuchenden zügig zu registrieren, zu versorgen und vor allem, sie angemessen unterzubringen. Viele landeten zunächst – teilweise für Monate- in Turnhallen oder anderen provisorischen Unterkünften. Es war nicht zuletzt das enorme zivilgesellschaftliche Engagement, das dazu beigetragen hat, die Situation für die Betroffenen halbwegs akzeptabel zu gestalten.

Gemeinnützige Träger wurden vernachlässigt

Auf der Suche nach den dringend benötigten Unterkünften kam vor allem den gemeinnützigen Organisationen eine besondere Bedeutung zu. Das waren nicht nur die großen „Blaulicht-Organisationen“, sondern auch viele kleinere oder größere Träger vor Ort, die einsprangen und innerhalb kürzester Zeit Unterkünfte zur Verfügung stellten. Viele dieser Organisationen waren auch bereit, sich dauerhaft bei der Unterbringung Geflüchteter zu engagieren, doch in vielen Fällen kam es anders: nach der ersten Phase der „Notversorgung“ gingen Kommunen und Länder wieder dazu über, die Unterbringung auszuschreiben. Oft wurden die gemeinnützigen Träger dann nicht mehr berücksichtigt, ihr bisheriges großes Engagement zählte nicht, was zählte war der Preis.

Und da waren die privaten Anbieter oft günstiger. Teilweise durften die gemeinnützigen Organisationen die privaten Träger noch durch die Räume führen, die später dann von diesen übernommen wurden. Mal abgesehen davon, dass viele gemeinnützige Träger enttäuscht waren, weil man sie in der Not zwar um Unterstützung gebeten, dann aber wieder ausgebootet hatte, hatte dieser Trägerwechsel auch für die Bewohnerinnen und Bewohner oft negative Auswirkungen. Denn den gemeinnützigen Organisationen geht es eben nicht nur um die Unterbringung und Versorgung, sie kümmern sich in einem umfassenderen Sinne um die Betroffenen, insbesondere um deren Einbindung in den Sozialraum.

Spendensammlung für Paritätische Flüchtlingshilfe für Menschen aus der Ukraine

Paritätische Mitgliedsorganisationen sind im ganzen Bundesgebiet bei der Aufnahme und Betreuung ankommender Geflüchteter engagiert: Sie helfen bei der Unterbringung und Versorgung. Sie beraten zu vorhandenen Unterstützungsangeboten und rechtlichen Ansprüchen. Damit die vielen engagierten Vereine und Organisationen auch in Zukunft die Hilfe leisten können, auf die jetzt so viele Geflüchtete angewiesen sind, brauchen sie Unterstützung.

Hier können Sie Spenden:
IBAN: DE71 5502 0500 0007 0395 50
BIC: BFSWDE33MNZ
Stichwort: Ukraine

Weitere Informationen: https://www.der-paritaetische.de/ukraine

Qualität vor Preis

Das können sie auch gut, weil sie nicht nur Träger einer Unterkunft sind, sondern ein breiteres Tätigkeitsfeld aufweisen. Wie wichtig diese umfassende Unterstützung ist, wurde aktuell während der Corona-Epidemie besonders deutlich, bei der sich die gemeinnützigen Organisationen nicht nur um den Zugang zu medizinischer Versorgung, sondern eben auch um die soziale Betreuung und Einbindung der Geflüchteten kümmern. Daraus folgt: Qualitative Leistungskriterien, die aufgebaute Integrationsinfrastruktur, Kontinuität in der Leistungserbringung, das sollten zentrale Kriterien sein, wenn es darum geht, soziale Arbeit zu organisieren, nicht aber der Preis!

Themenoffensive "#EchtGut – Vorfahrt für Gemeinnützigkeit"

Der Paritätische und seine zahlreichen Mitgliedsorganisationen aus dem Sozial- und Gesundheitsbereich sichern den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Eine wichtige Stütze ist das Prinzip der Gemeinnützigkeit: Gewinne fließen nicht die Taschen einzelner, sondern gehen dorthin, wo sie gebraucht werden. Wir fordern von der Politik: Vorfahrt für Gemeinnützigkeit gegenüber Profitstreben und Verstaatlichung! Deshalb läuft aktuell die Themenoffensive "#EchtGut – Vorfahrt für Gemeinnützigkeit!". Mehr erfahren: https://www.der-paritaetische.de/vorfahrt-fuer-gemeinnuetzigkeit/

Wie wichtig ein unabhängiger, gemeinnütziger, nicht-staatlicher Sektor ist, dass zeigt sich insbesondere auch in der Beratung von Asylsuchenden. Zwar wurde in der letzten Legislaturperiode eine „unabhängige Asylverfahrensberatung“ im Gesetz verankert, das Bundesministerium des Innern verstand darunter aber bis September 2021 die Beratung durch das „unabhängige“ Bundesamt für Migration und Flüchtlinge. Im neuen Koalitionsvertrag ist dies Gott sei Dank korrigiert. Nun soll sie endlich kommen, die tatsächlich unabhängige Beratung – nicht durch staatliche Stellen, sondern durch unabhängige gemeinnützige Organisationen.


 

Dieser Artikel ist im Verbandsmagazin "Vorfahrt für Gemeinnützigkeit" des Paritätischen Gesamtverbandes erschienen.

Gemeinnützigkeit heißt: Gewinne fließen nicht in die Taschen einzelner, sondern gehen dorthin, wo sie gebraucht werden. Deswegen fordern wir: Vorfahrt für Gemeinnützigkeit!

Zum Start unserer neuen Themenoffensive "#EchtGut – Vorfahrt für Gemeinnützigkeit" beschäftigt sich unser zweites Verbandsmagazin im Jahr 2022 mit der gemeinnützigen Arbeit unserer Mitglieder. Wir haben Einrichtungen besucht, in denen sich jede*r den Besuch leisten kann, die von Verdrängung bedroht sind und die kreativ arbeiten. Dass das nicht immer leicht ist, mussten wir auch öfter erfahren. Unsere Interviewpartner*innen erzählen uns, warum Gemeinnützigkeit sich trotzdem lohnt und warum sie in der Flüchtlingshilfe, in der Frauen- und Lesbenarbeit, in der Pflege oder in ihrem Landesverband aktiv sind und warum sie es gern tun. Hintergrundartikel und Spannendes zur #EchtGut-Kampagne gibt es ebenso wie das Neueste aus dem Gesamtverband und unseren Landesverbänden.

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Portrait von Harald Löhlein

Harald Löhlein

Harald Löhlein ist Abteilungsleiter Migration und Internationale Kooperation beim Paritätischen Gesamtverband.

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