Lesben, Schwule, Bisexuelle, trans*- und intergeschlechtliche Menschen sowie nicht-binäre Personen gehören fest zum Paritätischen. In den letzten Jahren kamen zahlreiche queere Organisationen in den Verband. Kürzlich hat der Verbandsrat ein queerpolitisches Grundsatzpapier beschlossen. Wir sprachen darüber mit Katrin Frank.
Liebe Katrin, welche Rollen spielen queere Lebensweisen für den Paritätischen Gesamtverband?
Queere Lebensweisen sind für uns ein großes Thema, weil wir das Thema „Queer“ als Querschnittsthema in allen Bereichen der Wohlfahrt verankern wollen. 2021 haben wir ein Eckpunktepapier zum menschenrechtlichen Schutz von sexueller Orientierung und geschlechtlicher Identität verfasst. Wir waren der erste Wohlfahrtsverband, der in der Breite mit dem Thema in die Öffentlichkeit gegangen ist. 2025 legen wir zu Beginn der neuen Legislaturperiode nach. Wir haben ein queerpolitisches Grundsatzpapier erarbeitet, das alle Politikfelder umfasst, und außerdem ist das Thema ja aktueller denn je. Im Koalitionsvertrag kommt das Thema ja leider nur am Rand vor, und da ist unser Papier eine gute Ergänzung.
Und was steht im Grundsatzpapier?
Darin finden sich Aspekte des queeren Lebens aus jeglichem Bereich der sozialen Arbeit. Von Gesundheitspolitik über die Jugendarbeit bis hin zur Gleichstellungspolitik ist die ganze Breite vorhanden. Und auch wir als Paritätischer verpflichten uns da als Arbeitgeber*innen zu einer vielfältigen und offenen Arbeitswelt für queere Menschen.
In den vergangenen Jahren sind sehr viele queere Organisationen in den Verband gekommen. Wie ist die Entwicklung zu erklären?
Zum einen ist es der Druck von Rechtsaußen, der auf die Zivilgesellschaft und auf Menschen, die sich für queere Rechte einsetzen oder selbst queer leben, ausgeübt wird. Der hat, wenn man auf die weiter steigende Hasskriminalität blickt, stark zugenommen. Hier bieten wir Solidarität und Zusammenhalt. Zum anderen ist es so, dass queere Projekte noch nicht institutionell in der Breite gefördert werden. Bisher bekommen sie ausschließlich als freiwillige Leistung Zuwendungen. Da eine solide Finanzierung und unterstützende Trägerstrukturen wichtig sind und man unter dem Dach eines großen Wohlfahrtsverbandes noch einmal ganz anders in den Dialog gehen kann, finden sie den Weg zu uns.
Hast Du noch ein Beispiel für eine besonders gute Zusammenarbeit zwischen dem Paritätischen und einer queeren Mitgliedsorganisation?
Da fallen mir viele Beispiele ein. Zum einen haben wir eine große Austauschrunde unserer überregionalen Mitgliedsorganisationen, in der wir uns gegenseitig regelmäßig updaten und uns verständigen, mit welchen Themen wir in der Lobbyarbeit als Gesamtverband auftreten. Wir sprechen nicht über queere Themen, sondern mit unseren queeren Mitgliedsorganisationen und sind auch Anwalt in deren Angelegenheit. Das ist das eine. Auf der anderen Seite haben wir schon viele Projekte, beispielsweise haben wir u.a. mit Queerformat aus Berlin unsere Inter- und Trans*-Broschüren gestaltet. Wir arbeiten auch mit der AIDS-Hilfe oder pro familia zu sexuellen und reproduktiven Rechten, aber auch zum Thema Prostitution und Sexarbeit, wo Rechte queerer Menschen auch eine große Rolle spielen.