Anlässlich des morgigen Weltfrauentages richtet unsere Referentin Katrin Frank den Blick auf das Thema "Antifeminismus", der auch unsere Mitglieder und Klient*innen zunehmend bedroht.

Was geht die Wohlfahrt Antifeminismus an? Eine ganze Menge. Denn es geht im Kern auch um unsere Einrichtungen, z. B. um Frauenhäuser, Frauen- oder Schwangerschaftsberatungsstellen. Es sind unsere Sozialarbeiter*innen und unsere Klient*innen, die sich tagein tagaus mit Anfeindungen und dem Infragestellen ihrer Anliegen auseinandersetzen müssen. Als Wohlfahrt müssen wir deshalb noch lauter als bisher für unsere Arbeit werben. Wir müssen noch stärker anwaltlich auftreten, wenn es um das Gewalthilfegesetz, die Entkriminalisierung des Schwangerschaftsabbruchs oder Gehsteigbelästigungen geht. Dies darf nicht Aufgabe einzelner sein. Frauenrechte betreffen alle Bereiche der Sozialen Arbeit und müssen konsequent mitbedacht werden. Gerade in Tagen wie diesen, in denen der Abbau des Sozialstaats droht.

Wohlfahrt ist unmittelbar betroffen

Denn es geht um den Ausbau unserer Einrichtungen, ihren Bestandschutz und den ungehinderten Zugang von Hilfesuchenden. 2024 ist ein entscheidendes Jahr hierfür: Entsprechende Gesetzesvorhaben sind angekündigt oder bereits im Werden, momentan ist aber noch nicht absehbar, ob sie auch umgesetzt werden. Denn konservative, aber auch antidemokratische Kräfte positionieren sich gegen die frauenpolitisch längst überfälligen Projekte. Mit Blick auf die anstehenden Kommunal- und Landtags sowie Europawahlen sind das keine guten Vorzeichen.

Antifeminismus richtet sich auch gegen uns

Was ist das eigentlich Antifeminismus? Nein, es ist kein Modewort und ja, Antifeminsmus gibt es schon länger als die AfD. Verstanden werden kann Antifeminismus als Reaktion auf die feministischen Errungenschaften der Frauen- und Emanzipationsbewegungen. Mit Blick auf die Wohlfahrt ist Antifeminismus demnach eine Reaktion auf unsere feministischen und queeren Einrichtungen, also auf unsere Frauenhäuser und unsere Frauenberatungsstellen, genauso wie auf die zahlreichen Schwangerschaftsberatungsstellen und queeren Vereine. Antifeminismus kann aus unserer Sicht als Gegenprinzip zu einem selbstbestimmten Leben aller Menschen gelesen werden. Antifeminismus bedeutet: An den Macht- und Herrschaftsverhältnissen soll besser nicht gerüttelt werden. Und das Prinzip der Selbstbestimmung soll gerade nicht für alle Menschen gelten. Das passt nicht zur Wohlfahrt. Denn mit ihrer Sozialen Arbeit steht die Wohlfahrt für menschenrechtsbasierte Soziale Arbeit ein. Und der Paritätische mit Blick auf Frauenrechte ganz besonders. Innerhalb der Wohlfahrt befinden sich in unseren Strukturen die meisten Frauenhäuser und Frauenberatungsstellen und mit pro familia wissen wir „den“ Verband in unseren Reihen, der in Deutschland für sexuelle und reproduktive Rechte steht. Will sagen: Auch wenn es antidemokratische Kräfte tun, Menschenrecht und Menschenwürde dürfen niemals hierarchisch gedacht werden. Wir Paritäter*innen sind laut und werden mit Blick auf Frauenrechte immer lauter. Denn Vielfalt, Offenheit und Toleranz verpflichten uns hierzu.

2024 entscheidendes Jahr

Das Erstarken rechtsextremistischer und antidemokratischer Kräfte lässt uns keine Wahl. Antifeminismus ist ein Nebenprodukt hiervon, ein schleichender Ausläufer, der zum Spielball im Kampf gegen Rechts wird. Rechte und antidemokratische Kräfte bedienen sich entsprechender Narrative. Das ist brandgefährlich. Denn wer gegen Emanzipation streitet, streitet auch gegen das gesellschaftliche Miteinander, wie wir es heute kennen. Und mehr noch: Gleichberechtigung wird konsequent in Frage gestellt. Auch wenn es sich mal mehr, mal weniger deutlich in den Programmen lesen lässt: Die Mutterrolle wird stilisiert, die feministische Frauenbewegung mit Mythen belegt und der Lebensschutz mit Blick auf § 218 StGB ad absurdum geführt. Jegliche Lebensentwürfe jenseits der cis-heteronormativen Familienordnung werden abgewertet. Gemeinsam mit dem binären Geschlecht gilt die Familienordnung Mutter, Vater, Kind als zentraler Identifikationspunkt der Rechten.

Sozial gerechte Geschlechter- und Familienpolitik zentral im Kampf gegen Rechts

Diese Punkte müssen alle Demokratinnen aufrütteln. Vor allem die demokratischen Parteien. Der Gewaltschutz von Frauen oder queere Projekte sind bislang oftmals freiwillige Leistungen im Handlungsspielraum der Länder und Kommunen. Was passiert, wenn eine Partei, die bspw. Gleichstellungsbeauftragte abschaffen will, Mehrheiten in den kommunalen und Länderparlamenten erhält, ist nicht schwer zu erahnen. Es braucht deshalb bundesweit verlässliche Finanzierungsstrukturen. Gerade das von Bundesfrauenministerin Paus für dieses Frühjahr angekündigte Gewalthilfegesetz muss jetzt kommen. Aber auch Queere Vereine brauchen eine verlässliche Finanzierung.

Ausblick: Geschlechter- und Familienpolitik ist auch für Parteien wahlentscheidend

Eigentlich traut man es sich dieser Tage gar nicht zusagen: Was an Frauenpolitik im Koalitionsvertrag steht, sollte mit Blick auf die Bundestagswahlen zügig angepackt und umgesetzt werden. Denn die Mehrheit der Bevölkerung ist weiblich, so auch die Wählerschaft: Bei der Bundestagwahl 2021 waren 31,2 Millionen Frauen und 29,2 Millionen Männer wahlberechtigt. Kleine Randnotiz an die Union und gerne auch an die Ampel: 2013 flog die FDP aus dem Bundestag und die AfD kam gar nicht erst rein, die Union punktete gerade bei den Frauen mit einer proaktiven Frauen- und Familienpolitik. Zur Erinnerung: 2013 wurde kurz vor den Wahlen von dem CDU-geführten Familienministerium der Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz eingeführt. Im Wahlkampf selbst gab es von der Union noch eine Kampagne zur Mütterrente. Frauenpolitik wurde zur Chef*innensache erklärt. Dies unter einer bürgerlich-konservativen Regierung. Ein Schachzug, den man sich mit Blick auf die Ampel aus feministischer Perspektive doch so sehr wünscht. Für die Wohlfahrt selbst, aber auch das Miteinander im Land. Frauenpolitik kann wahlentscheidend sein und tut den demokratischen Strukturen gut.

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Portrait von Katrin Frank

Katrin Frank

Katrin Frank ist Referentin für Familie und Frauen beim Paritätischen Gesamtverband.

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