Wie lässt sich Soziale Arbeit mit digitalen Mitteln effektiver gestalten? Harald Lüschow, Geschäftsführer der pro liberis gGmbH, einem Träger der Kinder-, Jugend- und Familienhilfe, berichtet über die erfolgreiche digitale Transformation betriebsinterner Prozesse - von der Ausstattung mit mobiler Hardware über Dokumentation, Zeiterfassung und Rechnungsstellung bis hin zu den Lohnabrechnungen.

2019 war die Digitalisierung bei der pro liberis gGmbH noch deutlich ausbaubar. Die Organisation arbeitete mit einzelnen Word-Dokumenten, um Rechnungen und Urlaubsanträge zu stellen, sowie mit einer Software zur Dokumentation des pädagogischen Alltags, die aus dem Bereich der Behindertenarbeit stammt und somit nicht wirklich auf die Kinder- und Jugendhilfe passte. Andere der alltäglich anfallenden Dokumentationen wurden teilweise sogar handschriftlich gemacht.

Dann wurde Harald Lüschow Geschäftsführer. Nach einem guten Jahr in dieser Position hatte er eine Idee davon, was die Digitalisierung von Prozessen in seinem Unternehmen bewirken könnte. Was zu diesem Zeitpunkt bereits feststand: die Mitarbeitenden waren mit dem aktuellen Zustand und der Software höchst unzufrieden.

Für das Gelingen von digitalen Veränderungsprozessen, so sagt Harald Lüschow, sind zwei Dinge sehr entscheidend: Digitalisierung sollte so gedacht und integriert werden, dass sie den Berufsalltag unterstützt und Prozesse erleichtert. Sie darf keinen zusätzlichen Verwaltungsaufwand schaffen, sonst wird es auch mit der Überzeugung der Mitarbeitenden schwer. Wobei wir schon bei Punkt zwei sind: Das Personal muss zu jedem Zeitpunkt im Prozess begleitet und unterstützt werden, so dass es sich gut mitgenommen und nicht überfordert fühlt. Pro liberis hatte hierbei gute Startvoraussetzungen, da die Mitarbeitenden von Beginn an eine große Bereitschaft für die anstehende Veränderung zeigten. So hatte die alte, ungeeignete Software schon ein Stück der Überzeugungsarbeit übernommen.

Digitale Trans...for...ma...tion

So ein Prozess will Schritt für Schritt durchlaufen werden. Auch wenn Harald Lüschow schon eine Idee davon hatte, was die neue Software können muss, fragte er bei seinen Mitarbeitenden noch einmal den konkreten Bedarf ab.

Diese wünschten sich eine einfach zu verstehende Lösung für die Dokumentation des tagesaktuellen Geschehens. Und das sollte auch mobil möglich sein, da viele von ihnen im ambulanten Kontext arbeiteten. Ebenso gab es den Wunsch nach digitalen Stundenzetteln, Urlaubsanträgen und der online-basierten Rechnungserstellung.

Nach der Bedarfsanalyse wurde nach einer passgenauen Softwarelösung für die Kinder- und Jugendhilfe recherchiert. Denn eine Lösung zu nutzen, die auch andere Bereiche der sozialen Praxisarbeit abdeckt, wäre wieder ein Kompromiss gewesen. Harald Lüschow sagt, dass jedem Praxisfeld der sozialen Arbeit eine grundsätzlich eigene Denkweise zugrunde liegt, welche sich auch in der genutzten Software wiederfinden sollte.

Pro liberis’ Digitalisierung erfolgte in einem Top-Down-Prozess. Die Mitarbeitenden wurden von Anfang an mit einbezogen und mitgenommen, während die Entscheidungsgewalt bei der Geschäftsführung lag. Harald Lüschow gibt zu, dass Top-Down-Prozesse Risiken bergen können. Bei pro liberis klappte mitunter alles, weil die Bereitschaft der Mitarbeitenden für eine Veränderung des Ist-Zustandes so hoch war.

Ein Vorteil in der digitalen Transformation von pro liberis gGmbH war, dass Harald Lüschow ein großes, intrinsisches Interesse an der Verbesserung der Prozesse in seiner Organisation hat. Er merkt an, dass der Geschäftsführung bei Digitalisierungsprozessen eine tragende Rolle zukommt. Sie muss zu jedem Zeitpunkt alle laufenden Prozesse verstehen, da sie die Vermittlerposition zwischen der Organisation mit seinen Mitarbeitenden und dem Software-Anbieter darstellt. Im gesamten Zeitraum der Implementierung schützt sie das Vorhaben und das auch, wenn mal Probleme auftreten und Kritik geäußert wird. Harald Lüschow sagt, er hat den nötigen Spirit hineingegeben und stand dem Prozess sehr positiv gegenüber, was sich wiederum auf die Belegschaft übertragen hat.

Weitere Details zur pro liberis - Erfolgsgeschichte und zur anschließenden Diskussion beim 10ten Digi-Dienstag finden sich in unserem Veranstaltungsprotokoll


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Autor*in

Portrait von Lilly Oesterreich

Lilly Oesterreich

Lilly Oesterreich ist Projektreferentin für Digitale Kommunikation beim Paritätischen Wohlfahrtsverband Gesamtverband in Berlin. Sie betreut die Paritätische Mitgliederplattform #WirSindParität.

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