Maneesorn Koldehofe, Mitgründerin und Leiterin des Frankfurter MädchenMilena e.V., berichtet vom Projekt Makerspace: Seit 2021 können Mädchen durch das Projekt ihre eigene digitale Kompetenz kreativ austesten. Es werden Videos gedreht, geschnitten, Online-Anwendungen ausprobiert und die eigene Medienkompetenz so spielerisch erweitert. Das MädchenbüroMilena stellt hierfür Laptops, Tablets und Smartphones zur Verfügung. Kreativität und Fantasie haben freie Fahrt. Pädagog*innen vor Ort leisten auch, falls benötigt, technischen Support, aber dies ist recht selten der Fall.

Mit dem Projekt Makerspace können Mädchen Grafikdesign, Filmschnitt oder Programmieren lernen. Was war der Anlass dazu, dieses Projekt zu starten?

Koldehofe: Die Corona-Pandemie. Durch das home schooling mussten sich die Mädchen ohnehin verstärkt mit Lern-Apps auseinandersetzen. Da lag es nahe, dies neben der schulischen Bildung auch kreativ zu gestalten. Der Einstieg ins Digitale kann und sollte ja auch Spaß machen. Grafik, Film und Programmieren sind da ideal. Außerdem machen wir Workshops zu Themen wie Cybermobbing, Hatespeech usw. Medienkompetenz geht weit übers Erstellen hinaus. Mädchen müssen auch wissen, wo Vorsicht geboten ist und wo Grenzen sind.

Wie souverän sind die Mädchen im Umgang mit der Technik?

Koldehofe: Die digitale Welt ist für die Mädchen ein Alltagsbestandteil. Egal ob in der Schule oder Freizeit: Digitales spielt in allen Lebensbereichen eine Rolle. Die Mädchen probieren sich an den Geräten und mit der Technik aus, da muss von der pädagogischen Seite kaum unterstützt werden. Eher andersrum: Wir Erwachsene können oft was von den Mädchen lernen, wenn es um neue Apps, den intuitiven Umgang mit Technik und Soziale Medien geht. Ich sag nur: TikTok, Instagram und Co.

Was wollen die Mädchen als erstes im Projekt selbst erstellen?

Koldehofe: Momentan Videos, Videos, Videos. Mit Content aus dem persönlichen und schulischen Bereich, was Mädchen eben bewegt. Der Content, zu dem gearbeitet wird, geht den Mädchen nicht aus. Pubertät, Schule, Freundschaft, Ungerechtigkeiten – die Liste der Themen ist lang. Zu Weihnachten haben die Mädchen ihre persönlichen Postkarten gestaltet und diese wiederum wurde im digitalen Adventskalender auf Instagram veröffentlicht.

Wie läuft ein typischer Nachmittag im Makerspace ab?

Koldehofe: Wir stellen Raum und Geräte zur Verfügung. Kreativität bringen die Mädchen genügend mit. Momentan werden viele Filme gedreht. Ob und wann sie diese in der Gruppe zeigen, entscheiden die Mädchen selbst. Viele kommen immer wieder. Mit dem Projekt haben wir bislang regelmäßig 20-30 Mädchen erreicht. Wir würden gerne weitermachen und als Art peer to peer Angebot in anderen Einrichtungen in Frankfurt unser Projekt vorstellen.

Was ist der größte Aha-Moment im Projekt?

Koldehofe: Mädchen entdecken, dass kreative Technik Spaß macht. Auch mit Blick auf die spätere Berufswahl wird Technik dadurch mitgedacht. Unsere Mädchen schließen irgendwas mit Technik per se nicht mehr aus und sind selbstbewusst. Es gibt da diesen „Ach so“-Moment, wenn Apps intuitiv bedient werden. Das Fazit lautet dann: Technik kann Spaß machen, Laptops braucht man eben nicht nur für Mathe und Deutsch.

Warum ist Mädchenarbeit 2022 besonders wichtig?

Koldehofe: Die Corona-Pandemie hat die Mädchenarbeit verändert. Mädchen ziehen sich aus der Öffentlichkeit zurück. Es ist schwer sie zu erreichen und ihnen einen Weg in die Vor-Pandemie zu zeigen. Sie haben sich in der Isolation zurechtgefunden. Umso wichtiger sind innovative und kreative Angebote, damit wir alle Mädchen wieder erreichen. Dafür brauchen wir allgemein in der Mädchenarbeit eine bessere Finanzierung, Planungssicherheit und nachhaltigere Strukturen. Mädchenarbeit muss in der außerschulischen Kinder- und Jugendarbeit gestärkt werden.


Dieser Artikel ist im Verbandsmagazin "Wohlfahrt kreativ" des Paritätischen Gesamtverbandes erschienen.

Bei Wohlfahrt denken viele zuerst an Altenpflege, Kinderbetreuung oder Hilfe für ärmere und kranke Menschen. Das ist alles zweifellos richtig und vor allem wichtig. Doch die Arbeit in der Wohlfahrt ist auch bunt und kreativ.

Dass kreative Angebote und Hilfe leisten sich nicht nur nicht ausschließen, sondern sich sogar gegenseitig bedingen, zeigt die neue Ausgabe unseres Digitalmagazins. Wir sind auf ein riesiges künstlerisches und kreatives Angebot in unseren über 10.800 Mitgliedsorganisationen gestoßen. Viele Paritätische Einrichtungen lockern mit einem Kreativ-Angebot den Alltag der Menschen auf und geben Raum, um sich selbst kreativ und künstlerisch ausprobieren zu können. Hier sind viele spannende und berührende Geschichten zusammengekommen. Eine rundum bunte Ausgabe des Digitalmagazins ist dabei zusammen gekommen.

Kommentar schreiben

Autor*in

Portrait von Katrin Frank

Katrin Frank

Katrin Frank ist Referentin für Familie und Frauen beim Paritätischen Gesamtverband.

Alle Artikel

Themengebiete

Ähnliche Beiträge