Was Innovatives dabei herauskommt, wenn man Jugendlichen und jungen Erwachsenen echte Entscheidungs- und Gestaltungsmacht einräumt, zeigt die mobile Aktionsplattform Moabiter Youth Headquarter.
Alles begann im Sommer 2018 mit mehreren Workshops der Servicestelle Jugendbeteiligung e.V. mit Jugendlichen und jungen Erwachsenen in der Kinder- und Jugendfreizeiteinrichtung Karame e.V. in Berlin-Moabit. Und der Frage, was der Kiez denn eigentlich für sie bietet? Die Antwort: Nicht genug, denn zu dieser Zeit existierten nur wenige alters- und bedarfsgerechte Beteiligungsmöglichkeiten im unmittelbaren Lebensumfeld der Jugendlichen. Doch der Zeitpunkt war gekommen, das zu ändern und selbst aktiv zu werden. Die Idee: Jugendliche entwerfen und bauen ein Beteiligungsmobil und erschaffen sich so eine eigene Aktionsplattform für Projekte im Kiez.
Der Weg zum fertigen Beteiligungsmobil, das schnell den Namen Moabiter Youth Headquarter (myHQ) erhielt, war dabei kreativ, das ein oder andere Mal sehr herausfordernd und vor allem von den beteiligten Jugendlichen selbst bestimmt. Begleitet wurden sie von den Mitarbeiter*innen von Karame und des Projekts “Jugend Macht Platz?!” der Servicestelle Jugendbeteiligung, die den Jugendlichen empathisch, wertschätzend und motivierend als Ansprechpartner*innen auf Augenhöhe zur Seite standen. Das Projekt “Jugend Macht Platz?!” der Servicestelle Jugendbeteiligung e.V. erprobte seit Januar 2020 neue Formen junger Beteiligung im öffentlichen Raum von Berlin-Moabit und war damit der perfekte Kooperationspartner für Karame e.V. Gemeinsam machte man sich auf den Weg, Jugendliche nicht nur mitreden, sondern sie tatsächlich konsequent mitgestalten und mitbestimmen zu lassen und ihnen die dafür notwendigen Beteiligungsmöglichkeiten einzuräumen.
Bis in den Sommer 2020 haben die Jugendlichen, u.a. mit Unterstützung eines Architekten und Tischlers sowie dem Support durch ein engagiertes Netzwerk von Akteur*innen aus der Nachbarschaft das myHQ über ein Jahr lang fertig gebaut.
Seitdem war das myHQ bei vielen Gelegenheiten im Kiez im Einsatz. So zum Beispiel im September 2021 bei der Kiezwerkstatt unter dem Motto “Was ist deine Stimme wert?“ am Unionplatz in Moabit, die Karame und die Servicestelle Jugendbeteiligung anlässlich der anstehenden Bundestagswahlen mit organisierten. Das myHQ verwandelte sich dabei in eine Bühne, auf der Jugendliche mit Politiker*innen ins Gespräch kamen und in einen Infostand. Die Aktion diente auch dazu, darauf aufmerksam zu machen, dass nicht nur Jugendliche unter 18 Jahren, sondern fast ein Drittel der Menschen in Moabit nicht wahlberechtigt waren. Im März 2022 veranstaltete Karame mit vielen Partner*innen im Kiez den Anti-Rassismus-Jam im Rahmen der internationalen Wochen gegen Rassismus. Das myHQ war dabei Plattform für ein buntes, von Jugendlichen mit organisiertes Bühnenprogramm für Vielfalt und gegen Intoleranz und Rassismus.
Klar ist aber auch: Der Bau und Betrieb eines Beteiligungsmobils von und für Jugendliche ist nicht möglich, ohne die aktive Vernetzung mit verschiedenen Partner*innen und Unterstützer*innen im Kiez und darüber hinaus. Denn nicht nur der Bau, sondern auch die Instandhaltung des Beteiligungsmobils und die Begleitung der Jugendlichen und jungen Erwachsenen bei ihren Projekten mit dem myHQ kosten weiterhin Geld. Das Projekt “Jugend Macht Platz?!” der Servicestelle Jugendbeteiligung endete absehbar im August 2022, ein Teil des unverzichtbaren Supports fehlt seitdem. Doch die Mitarbeiter*innen von Karame machten das, was sie den Jugendlichen stets auch anraten: Nicht entmutigen lassen und raus in den Kiez mit euren Ideen! Seit März diesen Jahres kann so eine pädagogische Fachkraft dank einer zusätzlichen Förderung durch das Projekt “Beteilige MICH am Kiez!” der Jugend- und Familienstiftung des Landes Berlin die Jugendlichen bei der Planung ihrer Events mit dem myHQ gezielt unterstützen und die Heranwachsenden auch bei der Beantragung eigener Mittel für ihre Jugendaktionen beraten.
Im Dezember ist das myHQ wieder im Einsatz, beim alljährlichen Weihnachtsessen, welches die Jugendlichen und jungen Erwachsenen bei Karame für Armutsbetroffene organisieren. Das myHQ ist dabei nicht nur Ausgabestelle für die zubereiteten Mahlzeiten, sondern auch ein Ort, an dem Menschen aus dem Kiez zusammenkommen und sich einfach austauschen können.
Übrigens: Das myHQ kann nicht nur von Jugendlichen von Karame genutzt werden, sondern auch andere Vereine, Nachbarschaftsinitiativen und Schulen aus Moabit können mit diesem kreative Aktionen im Kiez umsetzen. Allerdings nur dann, wenn Aktionen für die Nachbarschaft von und mit Jugendlichen umgesetzt werden sollen.
Weitere Infos
- Weitere Infomationen zum myHQ auf der Website von Karame oder unter Jugend macht Platz – hier finden sich zudem Methoden und Ressourcen zur Projektplanung für junge Menschen.
- Homepage von Karame
- Karame bei Facebook, Instagram und Wir sind Parität
- Homepage Servicestelle Jugendbeteiligung
Mehr Beiträge zum Thema Jugendbeteiligung in der aktuellen Ausgabe des Verbandsmagazins mit dem Titel "Jugend partizipiert des Paritätischen Gesamtverbandes!
In dieser Ausgabe wollten wir nicht nur über die Jungen schreiben, sondern sie in erster Linie selbst zu Wort kommen lassen. Deswegen stellen sich zahlreiche Engagierte aus unseren Mitgliedsorganisationen vor, geben Interviews und berichten von ihrem Alltag. Wir fragten nach ihren Gründen für ihr Engagement und bekamen spannende Antworten. Dazu waren wir in einem queeren Jugendzentrum in Köln, in einem Skatepark in Berlin-Marzahn und haben uns in Moabit umgesehen, was Jugendlichen dort geboten wird. In unseren Interviews geht es um Diskriminierungen, aber auch Empowerment und Engagementmöglichkeiten. Ein besonderer Schwerpunkt liegt dabei, wie bei unserem Aktionsmonat auf den digitalen Medien wie TikTok und wie junge Menschen sich konstruktiv im Netz bewegen können und welche Gefahren lauern.