Gestern wurde er 52. Mal verliehen: Der Deutsche Sozialpreis, der Medienpreis der Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege. Die Gewinner*innen in den vier Kategorien konnten sich nicht nur über jeweils 5000 Euro Preisgeld, sondern auch über eine festliche Ehrung in Berlin freuen.
Die Preisverleihung eröffnen durfte Achim Meyer auf der Heyde in seiner Funktion als Präsident der BAGFW. In seiner Rede wies Meyer auf der Heyde, der auch gleichzeitig Vorsitzender des Paritätischen Gesamtverbandes ist, auf die Rolle von engagiertem Journalismus in schwierigen Zeiten hin. Die Pressefreiheit, auch in westlichen Staaten nehme in dem Maße ab, wie Autoritarismus zunehm. Er verwies auch auf die Kampagne einiger rechter Medien gegen die Wohlfahrt, die aktuell vorangetrieben wird und deren Glaubwürdigkeit untergraben solle.
Aber Meyer auf der Heyde verwies auch auf die Gemeinsamkeiten von Wohlfahrt und kritischem Journalismus, die beide nah an den Menschen seien und deren Sorgen und Nöte ernst nähmen und die eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe hätten.
Anschließend ging der Präsident noch auf die Rolle der sozialen Infrastruktur in Zeiten multibler Krisen. Eine gute soziale Infrastruktur lasse niemanden allein, schaffe Vertrauen und Zuversicht und fördere den gesellschaftlichen Zusammenhalt, führte Meyer auf der Heyde aus. Darüber hinaus sei sie auch eine Invesition in die Zukunft und mache die Gesellschaft insgesamt Krisenresilient.
Die Preisträger*innen
Nach einem Grußwort von Staatsstekretär Michael Brand, der in Vertretung für die erkrankte Bildungs- und Familienministerin Karin Prien auf die gute Zusammenarbeit zwischen seinem Ministerium und der Wohlfahrt hinwies, wurde schon der erste Preis verliehen.
Mit einer sehr persönlich gehaltenen Laudatio würdigte Caritas-Präsidentin Eva Maria Welskop-Deffaa den Text Station 67 von Dominik Stawski und Nico Schnurr. Die beiden Stern-Journalisten bekamen für ein halbes Jahr einen grenzenlosen Einblick in die Kinderintensivstation 67 der Medizinischen Hochschule Hannover. Indem sie die Ärzt*innen und Pflegepersonal hautnah begleiten konnten, schafften Stawski und Schnurr es, einen ungeschönten Einblick in den Alltag der Station zu geben und dabei aufzuzeigen, was auch in der Behandlung von Kindern in deutschen Kliniken selbst bei größter Anstrengung des Personals schief laufen kann und was dies über unser Gesundheitssystem aussagt.
"Nach der Arbeit hängen die Kleider ihre Menschen auf" war der Titel des Radiofeatures, das in der Kategorie "Audio" den Preis erhielt. In dem Hörstück, von dem sich auch Laudator Dr. Marvin Deversi (AWO) sichtlich beeindruckt zeigte, geht es um die Bedingungen von osteuropäischer Arbeiter*innen in der Fleischindustrie, genauer gesagt in Rheda-Wiedenbrück bei Tönnies. Journalistin Senta Höfer zeigte in einem ebenso bedrückenden wie wichtigen Feature mit vielen Stimmen von Betroffenen auf, wie dort oft systematisch den Menschen Rechte vorbehalten werden und unter welchen prekären Bedingungen sie arbeiten müssen.
Eine besondere Überraschung gab es in der Kategorie "Bewegtbild", denn der Protagonist der ausgezeichneten WDR-Dokumentation "Florian sucht das Glück" war an diesem Abend neben der Gewinnerin Tabea Hosche selbst anwesend. Florian ist ein junger Mann Ende 20, der mit einer geistigen Beeinträchtigung lebt und es bis an die Uni zum Hochschuldozenten geschafft hat. Nachdem der Preis durch Abraham Lehrer von der Zentralen Wohlfahrtsstelle der Juden überreicht wurde, fand auch Florian emotionale Worte und wies noch einmal eindringlich darauf hin, wie sehr er mit Widerständen und Vorurteilen gegenüber Menschen mit Behinderung kämpfen musste um dort zu sein, wo er heute ist, nämlich an der Universität im ersten Arbeitsmarkt.
Die letzte Kategorie war ein echtes Gemeinschaftsprojekt. Ganze 17 Personen waren an der umfassenden Datendokumentation "Herzstillstand kann jeden treffen" beteiligt. Nun musste Laudator Rüdiger Schuch von der Diakonie keine 17 Sozialpreise vergeben, aber immerhin vier Journalist*innen waren anwesend und berichteten von dem umfangreichen und innovativen Projekt, für das sie seit 2017 umfangreiche Daten zur Versorgungslage im Falle eines Herzstillstandes gemacht haben. Auf der daraus entstandenen Homepage kann jede*r schauen, wie gut oder vielleicht auch schlecht er bei Herzproblemen versorgt wird. Diese aufwändige Arbeit war der Jury einen Sonderpreis wert.
Der Abend zeigte auch in seiner 52. Auflage, warum der Deutsche Sozialpreis ein wichtiger Medienpreis ist. Relevanz sollte nicht nur das haben, was gut geklickt wird und die größte Reichweite auf Social Media hat. Relevanz hat beim Preis der BAGFW vor allem neben dem journalistischen Handwerk auch die Haltung und die Aufklärung über Missstände. Dafür braucht es Institutionen wie die Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege, die diese gemeinsam mit den Kolleg*innen der Wohlfahrtsverbände aus hunderten von Einreichungen auswählt und sie ehrt. Man kann jetzt bereits gespannt sein, was wohl der 53. Deutsche Sozialpreis an Geschichten bereithält.