Ob Tim & Struppi oder Batman & Robin: Alle Held*innen brauchen einen Sidekick, also jemanden an ihrer Seite, die/der unterstützt und dabei hilft, den richtigen Weg zu finden. Auch die obw GmbH möchte mit ihrem digitalen Assistenzsystem Menschen mit Behinderung bei der Arbeit in der Fertigung unterstützen und hat es deswegen “Sidekick” getauft. Beim Digi-Dienstag im August stellte Andrea Ludwig das System vor.
Die Ostfriesische Beschäftigungs- und Wohnstätten GmbH (kurz: obw) arbeitet daran, dass Menschen mit Beeinträchtigung in allen Lebensbereichen selbstbestimmt teilhaben können und unterstützt sie mit vielfältigen Angeboten. Im Rahmen des ESF Projekts “Wissen macht Zukunft” hat die obw nun das Sidekick-System entwickelt. Dabei handelt es sich um ein sogenanntes Pick-by-light-System, welches mit verschiedenen Methoden und vor allem visuell durch den Arbeits- bzw. Fertigungsprozess führt, damit die Arbeitenden noch eigenständiger und auch ohne Betreuer*in am Arbeitsalltag teilhaben können.
Ein zentraler Teil des Assistenzsystems ist ein großer Bildschirm, auf dem der jeweils aktuelle Arbeitsschritt einfach und nachvollziehbar dargestellt wird. Beispielsweise, welches Werkzeug zu verwenden oder an welcher Stelle etwas zu verschrauben ist.
Dazu kommen die namensgebenden LED-Lichter, welche z.B. an Behältern angebracht werden, die Komponenten oder Werkzeug enthalten. Diese zeigen dann durch Leuchten an, wo die nächste Schraube oder das folgende Bauteil zu entnehmen ist. Eine Entnahme wird außerdem durch Sensoren erfasst, wodurch das System dann automatisch zum nächsten Arbeitsschritt übergeht. Je nach Bedarf können alle Schritte auch mit Tönen oder Bildern verknüpft werden, die es einfacher machen, dem Prozess zu folgen oder die zum Weitermachen animieren.
Hinter dem Ganzen steckt eine vergleichsweise einfache und erschwingliche Technik. Zunächst wird die kostenfreie Software “Scratch” genutzt, mit der unter anderem auch Anfänger*innen und Kinder das Programmieren lernen. Damit werden die gewünschten Abläufe in Form eines Skripts erfasst, welches die Reihenfolge der Arbeitsschritte inkl. der nötigen Regeln und Formeln enthält. Dieses Skript wird dann in einen Raspberry-Pi-Computer eingespeist. Bei Letzterem handelt es sich um einen sehr kostengünstigen, kleinen Computer mit einer einzigen Platine, der kaum größer als eine Kreditkarte ist.
Zwar gibt es auch Unternehmen, die fertige Hard- und Softwarelösungen anbieten, jedoch ist man hier neben deutlich höheren Kosten auch weniger flexibel, was die Gestaltung und Anpassung der Systeme angeht. Denn ein großer Vorteil der gewählten Lösung liegt auch darin, dass alles völlig individuell und frei gestaltbar ist. Erst so wird es möglich, auf die Vorlieben, Bedürfnisse und Einschränkungen Einzelner einzugehen. Während einer Person Signaltöne bei der Orientierung helfen, werden diese von einer anderen vielleicht als störend empfunden, die aber dafür zusätzliche Bilder und Darstellungen braucht.
Ein wichtiger und messbarer Vorteil des Projekts ist natürlich, dass Fehlerquellen in den Arbeitsabläufen minimiert werden und die Qualität der Arbeitsergebnisse steigt. Vor allem geht es aber um Teilhabe und darum, die Einarbeitungs- und Lernprozesse zu vereinfachen und dafür zu sorgen, dass sich die Arbeitenden durch die individuelle Gestaltung wohl fühlen und besser mit den Herausforderungen ihres Arbeitsalltags zurechtkommen.
Mit einer informativen Mischung aus Präsentation, vielen Fotos und einem Video hat Andrea Ludwig von der obw es vermocht, den Teilnehmenden die zugrunde liegenden Herausforderungen und das Assistenzsystem verständlich zu machen. Interessierte Nachfragen und entsprechende Antworten gab es vor allem bezüglich der technischen Umsetzung und einer möglichen Anwendung eines solchen Systems in anderen Kontexten.
Denn die obw zeigt mit Sidekick schließlich auch, dass es mit überschaubaren Mitteln und ein wenig Kreativität möglich ist, ein modernes, digitales System zu schaffen. Für Interessierte möchte man daher in Zukunft Workshops zum Nachbau von Sidekick anbieten, um das neu gesammelte Wissen weiterzugeben und so hoffentlich Bereichs- und unternehmensübergreifend für mehr Teilhabe zu sorgen.
Jeder dritte Dienstag ist Digi-Dienstag!
Jeden dritten Dienstag im Monat bietet #GleichImNetz geballtes Digitalisierungswissen: Markiert Euch den Tag gleich schon mal rot-blau in Euren Monatsübersichten. Einen ganzen Tag lang erwarten Euch verschiedenste Informations- und Diskussionsangebote, aus- und angerichtet nach Euren Wünschen. Bei unseren 1 - 1,5 stündigen Veranstaltungshäppchen, verteilt über den ganzen Tag, ist für jede*n was dabei.