Die Kur + Reha GmbH ist ein Unternehmen des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes Baden-Württemberg. Im Interview erzählt der Geschäftsführer Melcher Franck, wie die Reha-Kliniken ihre Arbeit aufgrund ihrer Gemeinnützigkeit an den Bedürfnissen der Patientinnen und Patienten ausrichten können.

Melcher Franck ist Geschäftsführer der Kur + Reha GmbH.

Was macht die gemeinnützige Arbeit der Kur + Reha GmbH besonders?

Das Wichtige an unserer Gemeinnützigkeit ist, dass wir das erwirtschaftete Geld wieder weitgehend für unsere Arbeit einsetzen können. Das heißt, wir müssen es nicht abgeben, um das Vermögen von Privatpersonen oder von anderen Strukturen zu vermehren, sondern wir können wirklich sowohl in unsere Personalausstattung, in unsere Qualitätsstrukturen als auch in unsere Gebäude immer wieder so investieren, dass diejenigen, für die wir unsere Arbeit machen, nämlich die Patientinnen und Patienten, davon möglichst optimal profitieren.

Wie beziehen Sie Betroffene in Ihre Arbeit ein?

Die Betroffenen sind unmittelbar in die therapeutische Arbeit in den Kliniken einbezogen und gestalten diese mit. Unsere Arbeit können wir ja letztlich nicht unabhängig von den Patientinnen und Patienten umsetzen. Gleichzeitig ist es so, dass wir uns sehr regelmäßig mit den Einschätzungen unserer Patientinnen und Patienten auseinandersetzen.

Wir machen routinemäßig Befragungen von allen Menschen, die zu uns kommen, um bei uns Hilfe zu erhalten. Diese Befragungen werten wir aus und lassen die Ergebnisse wieder unmittelbar in die Weiterentwicklung unserer Arbeit einfließen. Das ist der ständige klassische Qualitätsentwicklungsprozess, an dem eben auch die Betroffenen, für die wir unsere Arbeit machen, einen entscheidenden Anteil haben.

Die Thure von Uexküll-Klinik im Glottertal kennen viele als "die Schwarzwaldklinik".

Wieso braucht es einen Vorrang gemeinnütziger Dienste und Einrichtungen?

Eines der Hauptprobleme des Gesundheitswesens ist aus meiner Sicht, dass viel zu viele ihre Arbeit machen, um zum eigenen Vorteil Geld aus dem System zu ziehen. Ich sage das mal so salopp und direkt. Das fängt bei jeder Arztpraxis an, die ein kleines Unternehmen ist, das neben der Versorgung von Patientinnen und Patienten zum Ziel hat, möglichst hohe Erträge zu erwirtschaften. Das ist an sich nichts Böses. Die Frage ist nur, ob es in dieser Breite in das Gesundheitswesen passt. Gleiches gilt inzwischen für viele Krankenhäuser, die zu großen privaten Unternehmensstrukturen gehören. Und das gilt auch für unseren Arbeitsbereich, die Rehabilitation, in der wir schwerpunktmäßig tätig sind. Wir als Gemeinnützige sind neben den öffentlich-rechtlichen Strukturen diejenigen, die ihre Arbeit darauf fokussieren können, für die Patientinnen und Patienten da zu sein. Dabei haben wir keine Schere im Kopf, Erträge maximieren zu müssen, um dem Eigentümer, dem Shareholder und den Aktionären zu gefallen oder um möglichst gut wieder weiterverkauft werden zu können.

Und auch wir arbeiten an unserer Effizienz. Ich denke, gemeinnützige Strukturen müssen sich auch dem Wettbewerb und den Herausforderungen stellen. Nur der Mehrwert, der aus diesem Effizienzsteigerungsprozess entsteht, der kommt bei uns letztlich wieder den Patientinnen und Patienten zugute und nicht anderen. Und das ist für mich der wesentliche Unterschied, warum gemeinnützige Strukturen aus meiner Sicht gerade im Gesundheitswesen besonders wertvoll sind und warum ich persönlich es auch bedauere, dass in den letzten 20 Jahren große Teile des Gesundheitswesens in privatwirtschaftliche Hände übergeben worden sind.

Warum stehen gemeinnützige Einrichtungen wie ihre aktuell unter Druck?

Im Gesundheitswesen haben wir mit vielen Berufsgruppen zu tun, um die es einen harten Wettbewerb gibt. Nicht nur bei Ärztinnen und Ärzten, auch bei Pflegekräften, bei Physiotherapeutinnen und Physiotherapeuten gibt es große Engpässe bei dem zur Verfügung stehenden Personal. In manchen Berufsgruppen wird dieser Wettbewerb übers Geld geführt, zum Beispiel bei Ärztinnen und Ärzten. Und da kommt es häufig vor, dass bei uns beschäftigte Personen zum Beispiel mit einer attraktiven und höheren Vergütung abgeworben werden. An dieser Herausforderung stellen wir fest, dass wir manchmal mit den privatwirtschaftlichen Strukturen nicht so gut mithalten können. Weil wir näher an tariflichen Strukturen arbeiten, obwohl wir selber kein Tarifpartner sind.

Was kann zu einer Stärkung von gemeinnützigen Einrichtungen beitragen?

Zum Beispiel die Kampagne des Paritätischen!

Wir arbeiten gut zusammen. Das erlebe ich immer wieder. Es gibt eine sehr gute Vernetzung innerhalb des Paritätischen und den Kolleginnen und Kollegen in den gleichen Arbeitsfeldern in den anderen Wohlfahrtsverbänden. Es gibt sowohl inhaltlich als auch im gemeinsamen Auftreten gegenüber Kostenträgern, anderen Interessenvertretern sowie der Politik viele Gemeinsamkeiten. Das stärkt uns an vielen Stellen und unterstützt uns, weil wir den Wettbewerb nicht als wichtigstes Element in den Vordergrund stellen. Gemeinnützige Akteure mit der gleichen Tätigkeit sehen wir als Partner und nicht als Konkurrenten.

Ansonsten ist es für politische Entscheidungen wichtig, sich klar zu den gemeinnützigen Anbieterstrukturen zu bekennen und dies auch bei Herausforderungen, wie dem genannten Beispiel der Personalwirtschaft. Gemeinnützige Unternehmen brauchen eigene Förderstrukturen, da ihnen viele Programme der Wirtschaftsförderung nicht zur Verfügung stehen, sie brauchen eine klare Zukunftsperspektive im zusammenwachsenden Europa und gerade wenn es um Gesundheit geht, sollte unsere Gesellschaft der Gemeinnützigkeit den Vorrang geben

Zusammenhalt und Vernetzung als Stärke der Gemeinnützigen. Erzählen Sie uns gerne mehr von Ihren Erfahrungen!

Ich arbeite schon seit 1994 in der Kur + Reha GmbH und bin seit 2001 Geschäftsführer. Das heißt, ich bin schon ein Weilchen dabei und ich habe schon an verschiedenen Stellen gute Erfahrungen gemacht. Ein Teil unserer Kliniken sind Mutter-Kind-Kliniken oder Vater-Kind-Kliniken, die mit den anderen Wohlfahrtsverbänden wie dem Müttergenesungswerk zusammenarbeiten. Dort ist es uns immer wieder gelungen, relevante Themen gegenüber der Politik oder dem Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherung so zu kommunizieren, dass sie auch Gehör gefunden haben.

Auch hier gibt es immer Chancen, noch besser zu werden und sich gemeinsam weiter nach vorne zu entwickeln.


Mit der Kampagne #EchtGut - Vorfahrt für Gemeinnützigkeit, vermittelt der Paritätische Gesamtverband seit Anfang 2021 das Thema Gemeinnützigkeit. Nach zahlreichen Vorträgen, Publikationen und Informationsmaterial, porträtiert der Verband nun in einer Beitragsreihe soziale gemeinnützige Mitgliedsorganisationen. Wie gestalten, leben und zelebrieren die Organisationen ihre Gemeinnützigkeit? Wie zeigen sich gemeinnützige Strukturen in der Zusammenarbeit mit Betroffenen und Ehrenamtlichen und welchen Herausforderungen und Chancen begegnen gemeinwohlorientierte Einrichtungen in der heutigen Zeit?

Hier können Sie den Steckbrief der Kur + Reha GmbH als PDF herunterladen.

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Autor*in

Portrait von Lilly Oesterreich

Lilly Oesterreich

Lilly Oesterreich ist Projektreferentin für Digitale Kommunikation beim Paritätischen Wohlfahrtsverband Gesamtverband in Berlin. Sie betreut die Paritätische Mitgliederplattform #WirSindParität.

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