Der 11. September ist der Tag der wohnungslosen Menschen. Anlässlich dessen fragt Greta Schabram, Referentin für Sozialforschung und Wohnen beim Paritätischen Gesamtverband: Was muss getan werden, damit Wohnungslosigkeit überwunden werden kann?

Laut dem Wohnungslosenbericht der Bundesregierung waren am Stichtag 31.01.2022 ziemlich genau 263.000 Menschen in Deutschland wohnungslos. Eigentlich hat die Bundesregierung sich das Ziel gesetzt, Obdach- und Wohnungslosigkeit in Deutschland bis 2030 abzuschaffen. Dieses Ziel wird sie kaum erreichen. Am 11. September, dem Tag der wohnungslosen Menschen, schauen wir genauer hin und erläutern, woran es hakt und wie man die Spannung aus dem Wohnungsmarkt nehmen könnte.

So wie bei der Bundesregierung geht es derzeit auf auch den Baustellen nicht wirklich vorwärts. Die Prognose ist schlecht. Ein Mangel an bezahlbaren Wohnraum ist besonders für wohnungslose Menschen ein massives Problem. Außerdem droht zukünftig noch mehr Menschen die Wohnungslosigkeit, denn wer in Zeiten fehlenden Wohnraums jetzt seine Wohnung verliert, findet auch so schnell keine mehr. Gründe für Wohnungslosigkeit sind vielfältig: Kündigungen, Mietschulden, Erkrankungen oder häusliche Gewalt.

Hoffnung auf mehr bezahlbaren Wohnraum durch Neubau und den Ausbau von Sozialwohnungen gibt es wenig. Nach vielen Jahren einer boomenden Baubranche ist Neubau so teuer wie nie. Die Bundesregierung verfehlt die selbst gesetzten Ziele für den Neubau und den Bau von Sozialwohnungen. Derzeit gibt es nur noch 1,1 Sozialwohnungen in Deutschland. Das Thema bezahlbarer Wohnraum ist längst zu einer der zentralen sozialen Fragen geworden. Das zeigt auch die hohe Anzahl von Wohngeldbeziehenden, die steigenden Mieten im Bestand und bei Neu- und Wiedervermietung sowie die hohe Wohnkostenbelastung der Menschen. Denn laut den Daten des Statistischen Bundesamtes waren im letzten Jahr 41 Prozent aller einkommensschwachen Haushalte mit ihren Wohnkosten überlastet, d.h. sie müssen mehr als 40 Prozent ihres Einkommens allein fürs Wohnen aufbringen.

Zentrale Maßnahmen, um Wohnungslosigkeit entgegenzuwirken, bestehen in mehr bezahlbarem Wohnraum, einem wirksamen Schutz von Mieter*innen vor noch steigenden Mieten und Wohnungskündigungen sowie die Wiedereinführung einer echten Wohngemeinnützigkeit. Diese sichert Wohnungen mit dauerhaft preisgedämpften Mieten.

Selbstverständlich braucht es massive Kraftanstrengung von Bund, Ländern und Kommunen zur Versorgung von wohnungslosen Menschen mit Wohnraum und um Wohnungsverluste zu verhindern. Dafür muss die bestehende Infrastruktur an Hilfemaßnahmen ausgebaut werden, denn der Bedarf ist hoch und wird künftig weiter steigen. Wir brauchen dringend:

  • Mehr Unterstützung für wohnbegleitende Hilfen, damit die Vermietung von Wohnungen an wohnungslose Menschen (wie beispielsweise über Wohnraumakquise, die Organisation von Mietausfallgarantien) gelingt.
  • Mehr Unterstützung, um Wohnungsverluste durch Kündigungen oder Zwangsräumungen zu verhindern.
  • Stärkere Förderungen von Kooperationen zwischen privaten Eigentümer*innen, der Wohnungswirtschaft, der freiverbandlichen Wohnungsnotfallhilfe sowie Kommunen, damit diese zukünftig wieder mehr bezahlbaren Wohnraum schaffen können.
  • Die Einrichtung von zentralen Fachstellen zur Verhinderung von Wohnungslosigkeit in den Kommunen unter Beteiligung der Dienste der Freien Wohlfahrtspflege muss gefördert werden.

1 Kommentar

Stefan Schneider - Wohnungslosen_Stiftung schrieb 21.09.2023

Es wäre überhaupt kein Problem, jedem einzelnen obdachlosen Menschen einen Gutschein für 1 Jahr Hotelunterbringung in die Hand zu drücken. Nahezu alle obdachlosen Menschen wären weg von der Straße und alle haben ein ganzes langes Jahr lang Zeit, zu überlegen, wie das so bleiben kann. Wo ist Leerstand, was kann noch erschlossen werden, wo sind Umwandlungen und Umnutzungen möglich, wo können Wohnungsbauprogramme zusammen mit obdachlosen Menschen auf den Weg gebracht werden.

Das Netzwerk wohnungsloser Menschen in der Wohnungslosen_Stiftung setzt sich gerne für praktische und einfach Lösungen ein.

www.wohnungslosenstiftung.org

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Greta Schabram

Greta Schabram ist Referentin für Wohnen sowie Sozialforschung und Statistik beim Paritätischen Gesamtverband.

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