Am 1. März tritt das Fachkräfteeinwanderungsgesetz in Kraft. Es soll Arbeitskräften aus nicht-EU-Staaten helfen, schneller und einfacher in den deutschen Arbeitsmarkt zu kommen. Aber geht das Gesetz wirklich weit genug?

Die deutsche Wirtschaft leidet am Fachkräftemangel. Das Fachkräfteeinwanderungsgesetz, das am 1.März in Kraft tritt, soll dagegen angehen. Eine grundsätzliche Wende in der deutschen Einwanderungspolitik kann durch das Gesetz aber nicht erwartet werden.

Bereits in den letzten Jahren wurden nach und nach die rechtlichen Hürden für die Einwanderung von Fachkräften mit einer anerkannten akademischen Ausbildung gesenkt. Mit dem Fachkräfteeinwanderungsgesetz soll nun auch die Möglichkeit der Einwanderung für Personen mit einem anerkannten Berufsabschluss entsprechend angepasst werden. Sie können zukünftig zum Arbeiten – oder auch für 6 Monate zur Arbeitsplatzsuche – nach Deutschland kommen. Vorausgesetzt, sie können in der Zeit der Arbeitsplatzsuche ihren Lebensunterhalt selbst bestreiten. Auch gibt es nicht mehr die Begrenzung auf Berufe, bei denen große Nachfrage besteht („Engpassberufe“). Als weitere Maßnahme wird die Vorrangprüfung weitgehend abgeschafft – es wird also nicht mehr geprüft, ob für das konkrete Stellenangebot deutsche oder EU-Bürger in Frage kommen.

Änderungen gibt es aber nicht nur bei den rechtlichen Voraussetzungen der Einwanderung, sondern auch im Bereich der Administration – also der Organisation der Einwanderung. So können die Bundesländer nun zentrale Ausländerbehörden bestimmen, die in dem jeweiligen Bundesland als zentrale Anlaufstelle für die Einwanderung bzw. Anwerbung von qualifizierten Fachkräften fungieren. Zudem können die Arbeitgeber mit den zuständigen Ausländerbehörden ein beschleunigtes Einwanderungsverfahren für Fachkräfte, die bei ihnen arbeiten sollen, vereinbaren.

Nur wenig Fachkräfte aus Drittstaaten

Anlass für das Gesetz war bekanntlich der sich auf Grund der demographischen Entwicklung abzeichnende steigende Bedarf an Fachkräften aus dem Ausland. Bisher findet die Einwanderung von Fachkräften nach Deutschland aber vor allem aus anderen EU Staaten ab. Aus Drittstaaten sind im Vergangenen Jahr nur 60.000 Fachkräfte nach Deutschland gekommen. Die Zuwanderung aus vor allem osteuropäischen Staaten ist auch rückläufig, da sich die Situation am Arbeitsmarkt dort verbessert hat und die Länder zudem mit ähnlichen demographischen Entwicklungen konfrontiert sind.

Aus diesen Gründen soll also die Einwanderung aus Drittstaaten erleichtert werden. Das man sich von dem Fachkräfteeinwanderungsgesetz aber keine allzu große Wirkung erhofft, wird schon aus der Gesetzesbegründung deutlich. Darin wird ausgeführt, dass das Gesetz zu einer zusätzlichen Einwanderung von lediglich 25.000 Fachkräften führen sollte.

Sprachhürden und Probleme bei Anerkennung der Abschlüsse

Wo liegen die zentralen Hürden, die bisher einer verstärkten Einwanderung von Fachkräften entgegenstehen?

Bevor Fachkräfte zur Jobsuche oder für eine Ausbildung in Deutschland einreisen dürfen, müssen bereits im Heimatland Deutschkenntnisse erworben werden. Für viele Menschen ist es daher leichter, in einem englischsprachigem Land Fuß zu fassen.

Weitere Schwierigkeiten gibt es bei der Visaerteilung. Hier müssen die Kapazitäten an den relevanten Auslandvertretungen ausgebaut werden, denn oft dauert  es noch Monate, bis ein Termin bei der Botschaft erteilt wird. Nun soll eine neue Bundesbehörde das Auswärtige Amt bei der Visaerteilung unterstützen. Ob dies an dieser Stelle zu deutlichen Verbesserungen führt, bleibt abzuwarten.

Die schwerste Hürde liegt aber bei der Anerkennung der Berufsabschlüsse vor der Einreise. In kaum einem anderen Land gibt es eine duale Ausbildung, wie wir sie hier in Deutschland kennen. Es gibt zudem nur eine sehr unübersichtliche Struktur an für die Anerkennung zuständigen Stellen und auch Nach wie vor gibt es unterschiedliche Standards und Verfahren der Anerkennung von Abschlüssen und dafür zuständigen Stellen. Wenn auch eine Zentralisierung der Anerkennungsverfahren noch nicht absehbar ist, so will man hier zumindest eine zentrale Informationsstelle für Anfragen aus dem Ausland schaffen.

Ungelöst ist in diesem Zusammenhang vor allem die Frage, wie man zukünftig mit Qualifikationen umgehen will, die in der praktischen Tätigkeit erworben sind, bei denen aber kein formaler Abschluss vorliegt. Hier sieht das Fachkräfteeinwanderungsgesetz eine kleine Öffnungsklausel für Fachkräfte im IT Bereich vor, aber eben nur dort.

Rassismus steht Deutschland als Einwanderungsland im Weg

Es sind aber gewiss nicht nur die formalen Schwierigkeiten, die einer verstärkten Einwanderung entgegenstehen. Die zunehmenden rassistischen Übergriffe, der vielerorts wahrnehmbare Altagsrassismus, die Art und Weise wie häufig über „den Islam“ gesprochen wird, all dies trägt sicher nicht dazu bei, die Attraktivität Deutschlands als Einwanderungsland zu erhöhen.

Außerordentlich fragwürdig ist zudem die Strategie, einerseits zwar gerne qualifizierte Fachkräfte gewinnen zu wollen, auf jeden Fall aber die sogenannte Einwanderung in die Sozialsysteme vermeiden zu wollen.  Das führt dann in der Praxis zu zahlreichen, teilweise absurden Restriktionen, die etwa die Regelung, auch zur Ausbildungsplatzsuche nach Deutschland kommen zu können, wieder massiv einschränken.

Der praktischen Umsetzung des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes kommt in den nächsten Monaten große Bedeutung zu. Diesbezüglich gibt es zahlreiche Abstimmungsgremien auf Bundes- und Landesebene. Das Gesetz bietet einerseits eine Reihe von Verbesserungen, die nun auch praktisch umgesetzt werden müssen. Man sollte aber auch nicht aus dem Blick verlieren: der erste Satz im Aufenthaltsgesetz lautet nach wie vor: „Dieses Gesetz dient der Steuerung und Begrenzung der Zuwanderung.“


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Portrait von Harald Löhlein

Harald Löhlein

Harald Löhlein ist Abteilungsleiter Migration und Internationale Kooperation beim Paritätischen Gesamtverband.

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